Festschrift
„100 Jahre Altkatholizismus in Kärnten“

Von Pfr. Lic.theol. Christian Halama, St.Pölten

GEWIDMET DER KÄRNTNER
ALT-KATHOLISCHEN KIRCHENGEMEINDE

 

Laßt den alten Glauben neu erstehen,
indem du stark bist gegen alle Schwernis.
Laßt den alten Geist lebendig werden,
der freudig stets zur Wahrheit sich bekannt,
der in der Liebe zu der Heimat
deinem Volk und deiner Sprache lebt.
Der hienieden dir in Bruderliebe aufgetragen,
dem Fremden freundlich zu begegnen,
dem Fremden und dem Seinen,
und der die Bande nicht zerreißet,
die dich verbinden mit den Deinen,
ein Werk sind wir von Seiner Hand.
Sprach’ , Familie, Volk und Heimat hat geheiligt er,
weil er, wie jedem andern das Seine,
dir geschenkt hat auch das Deine.
 
Nikolaus Hummel

Geschichtliche Bemerkungen
 Der erste Kärntner Altkatholik war – wenn man so will – Julius Pederzani.
Gleich vorweg: Trotz einiger Anstrengung habe ich es nicht geschafft, ein vollständiges Lebensbild erstehen zu lassen, da gewisse Unterlagen über sein Leben nicht
(mehr) vorhanden sind.
Geboren am 17. Mai 1836 in Klagenfurt, schließt er sich als junger Mann einer Missionsgruppe an, die nach Amerika will – er durfte wegen seines jugendlichen Alters nicht mit. 1855 finden wir ihn als Jesuitenschüler unterwegs in Deutschland und Ungarn auf einer Missionsreise – wo seine Rednergabe entdeckt wurde.[1]
1857 finden wir ihn als Mitglied des Klagenfurter Priesterseminares im 2. Jahrgang, wo er in einer Beurteilung als „eifrig“, seine Leistungen als „gut“ bezeichnet werden.[2]

Zum Priester dürfte er jedoch nicht in Klagenfurt
geweiht worden sein. Dr. Linder, Mitbegründer der
Wiener altkath. Gemeinde führt an, er sei 1859 in
Innsbruck geweiht worden, hätte sich aber mit dem
Bischof zerstritten und in die Erzdiözese Wien
gewechselt. Dort war er ab dem Jahre 1864
in verschiedenen Pfarren tätig.
Im für Altkatholiken bedeutsamen Jahr 1871 war
er als Cooperator und Prediger in der Wiener
Innenstadtkirche „Am Hof“ tätig.
   
Pederzani war – kurz gesagt – ein Kirchenkritiker geworden und damit ein Gegner des 1855 geschlossenen Konkordates mit Rom, das 1871 von Kaiser Franz Joseph als Reaktion auf die Unfehlbarkeitserklärung des Papstes einseitig aufgehoben worden war.
Doch noch sind wir nicht so weit. Bereits 1868 läßt Pederzani eine Predigt, in der er zur Versöhnung der „modernen“ Welt mit der römischen Kirche und dem Papsttum aufruft, betitelt mit „Die Kirche der Zukunft“ im Druck erscheinen.
Bemerkenswert seine Vision von Kirche der Zukunft:
-) Kirche ohne Hierarchie und weltlichem Herrschaftsgebiet
-) kein „widernatürlicher Zölibat“ mehr
-) vom Kirchenvolk gewählte Geistliche
-) und eine Kirche, die vom Gebot der Liebe ausgeht und niemanden mehr     verketzert,der anderer Ansicht ist.

Im Jahre 1869 wurde das 1. Vatikanum nach Rom einberufen – Theologen mit Stiftspropst Dr. Ignaz von Döllinger (1799-1890) an der Spitze unterstützten jene Bischöfe wissenschaftlich, die sich bemühten, die Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit zu verhindern. Das mißlang bekanntlich – am 18. Juli 1870 wurden die neuen Dogmen verkündet.
Die Bischöfe unterwarfen sich schließlich, die Theologen mit Döllinger an der Spitze blieben zum Großteil im Widerstand und verloren ihre kirchlichen Ämter und wurden aus der römischen Kirche ausgeschlossen.
Döllinger schrieb im März 1871 seinem Erzbischof einen offenen Brief, in dem er darlegte, warum er die neuen Dogmen nicht annehmen könne.
Die Medien auch in Österreich beschäftigten sich mit Döllinger – Pederzani ging in drei Predigten im März 1871 auf ihn ein und – was für uns Altkatholiken bedeutsam ist: Er regte als erster in Österreich an, Döllinger Unterstützungsschreiben zu schicken.
Das geschah am 9. April (Gründonnerstag) durch einen „Aufruf“ abgedruckt in einigen Wiener Zeitungen, den Pederzani mit den Worten „welch ein Geschenk für die Menschheit ist dieser Mann“ abschloß.
Nun wurde das erzbischöfliche Ordinariat, dem Pederzani seit langem aufgefallen war, aktiv und sprach mit 12. März dessen Enthebung von der Seelsorge aus.[3]
Der zum Widerruf aufgeforderte Pederzani trat am 16. März aus der Kirche aus und wurde exkommuniziert.
Aufgrund seiner schriftstellerischen Tätigkeit, der er sich jetzt ganz hingab, wurde er mit dem Wiener Gemeinderat und Schriftsteller Dr. Carl Linder und dem ehem. Weltpriester Alois Anton, den Gründern der Wiener altkath. Kirchengemeinde bekannt.
Als im Juli 1871 reformfreudige Männer zur Gründung eines „Aktionskomitees“ zur Gründung einer eigenen Gemeinde zusammenfanden, war auch Pederzani mit dabei.
Warum er sich der altkath. Bewegung formell nicht anschloß und auch seine priesterlichen Dienste nicht anbot, kann heute nicht mehr erhoben werden.
In der Folge hielt er Vorträge im Sinne der Kirchenreform, schrieb Broschüren wie „Aus den Fesseln Roms“ (1872) oder anti-römische Romane wie „Die Frauen“ (1872), „Die Opfer des Beichtstuhles“ (1872), „In Acht und Bann“ (1874).
Im Jahre 1873 ging er von Wien weg zurück nach Kärnten, wo er Hauslehrer der Kinder eines jüdischen Barones wurde, was ihm einigen Spott ultramontaner Katholiken einbrachte.
Später dürfte er geheiratet haben, denn ab dem Jahre 1892 nannte er sich „Pederzani-Weber“ und schrieb historische Romane wie „Erz- herzog Karl und seine Grenadiere“ (1892) oder „Treu für Kaiser und Reich“ (1902).
Nachdem danach über seine Person nichts mehr aufscheint, dürfte er um 1910 nicht mehr gelebt haben.
Auf jeden Fall gehört Pederzani an die Spitze der sich konstituierenden altkath. Bewegung in Österreich und kann als 1. Kärntner Altkatholik angesehen werden!

Zum Werden der altkath. Gemeinde in Kärnten
Der 1. März 1896 ist jenes Datum, das als Beginn altkath. Lebens in Kärnten abgesehen werden kann. Warum?
Die altkath. Familie Mistelberger, bestehend aus 3 Personen übersiedelt von Wien nach Klagenfurt. Ihr folgten weitere 2 Personen, Mutter und Sohn, am 25. Jänner 1900 Maria und Heinrich Kappl. Am 1. Mai 1901 kam wieder eine altkath. Familie aus Wien, bestehend aus 7 Personen – also 14 Personen insgesamt.
Das bemerkenswerte an ihnen war ihr Verwurzeltsein im altkath. Glauben, dem sie auch weiterhin treu sein wollten. In einer Chronik heißt es:
„Von dieser Zeit an machte sich bereits die Notwendigkeit fühlbar, daß etwas gemacht werden muß, um für alle Fälle gerüstet zu sein, um nicht den Römlingen anheimfallen zu müssen.“[4]
Dies klingt vielleicht in Zeiten der „heutigen“ Ökumene unpassend, unter den damaligen Verhältnissen war das eine schmerzliche Feststellung im Zusammenhang mit der Sorge um das kirchliche „Überleben“ in einer feindlich eingestellten Umwelt.
Zunächst fanden sie Unterschlupf in der evangelischen Gemeinde. Als im Jahre 1902 Familie Kappl Zuwachs bekam, kam der altkath. Vikar Josef Ferge von Graz, um das Kind zu taufen. Er war es auch, der am 8. Dezember 1902 den ersten altkath. Gottesdienst in Klagenfurt feierte, dem sich ein Vortrag im Hotel Grönner über die altkath. Kirche anschloß. Hier wurde erstmals eine größere Gruppe auf die altkath. Kirche aufmerksam. Zu dieser Zeit gab es in Klagenfurt 20 Altkatholiken!
Doch aktive Altkatholiken, denn 1906 erfolgte die Gründung einer Ortsgruppe des „Vereines der Altkatholiken Österreichs“, zu dessen Vorstand Herr Kapusta gewählt wurde. Diese Ortsgruppe konnte mit 3. November 1906 als „Verein der Altkatholiken Klagenfurts“ selbständig werden. Mit der Tätigkeit des Vereines begann ein Aufschwung der kleinen Gemeinschaft, die ab 5. Feber 1908 seelsorgerlich von Vikar Max Eichinger betreut wurde – wenn auch unregelmäßig.
1908 konnte ein Frauenverein gegründet werden- Obfrauen waren die Damen Mistelberger und Schigg. Im Jahre 1909 wurde vereinbart, ab sofort monatlich einen Gottesdienst zu feiern, wobei die Reisekosten für den Geistlichen von den Klagenfurtern getragen wurden. Als Geistliche fungierten 1911 Pfr. Robert Tüchler (Ried) 1912 Vikar Wenzel Susanka (Graz).
Am 28. Juli 1912 fand in Klagenfurt die erste Firmung statt, gespendet durch Bistumsverweser Amandus Czech (+1922).
In den Jahren 1912-14 fungierten die Geistlichen Josef Ferk und Vikar Maschek. Am 8. Dezember 1914 feierte Pfarrer Longin Focke seinen ersten – und gleichzeitig auf längere Sicht den letzten Gottesdienst in Klagenfurt, denn durch den Krieg kam es zum Erliegen des altkath. Lebens in der Stadt.
Erst am 16. Oktober 1922 fanden sich wieder Altkatholiken zusammen und konstituierten sich unter dem Vorsitzenden Ignaz Karner. 1924 kam Vikar Hubert Löw, der spätere erste Pfarrer nach Klagenfurt. Er vermochte es, die Seelenzahl zu heben: 1926 bereits 370, 1934 bereits 650 Altkatholiken.
Die geregelte Seelsorge, der Mitgliederzuwachs und die Entfernung von Graz ließen den Wunsch nach Konstituierung als Filialgemeinde laut werden, was am 8. Mai 1927 im Beisein von Synodalrat Johann Joch geschah.
Das Kultusministerium stimmte am 15. September 1931 unter Zahl 42754a/1930 der Konstituierung einer eigenen Kirchengemeinde Klagenfurt zu, was durch eine Gemeindeversammlung am 13. Dezember 1931 kirchlicherseits möglich wurde. Ignaz Karner wurde zum Vorsitzenden gewählt. Vikar Löw wurde 1930 zum Kuraten, am 7. Juli 1932 zum Personalpfarrer bestellt.
Einen Einschnitt für die aufblühende Gemeinde stellte der Anschluß des Jahres 1938 dar, als die Vereine aufgelöst, das Vermögen eingezogen und der Religionsunterricht erschwert wurde.
Pfarrer Löw meisterte zusammen mit seiner Gemeinde diese schweren Zeiten – was seine Seelsorgsarbeit anging, war er zu Fuß oder per Rad ständig unterwegs, den „geistlichen Tornister“ auf dem Rücken tragend. Plötzlich und unerwartet hat Gott ihn am 15. August 1955 zu sich gerufen.
Nach seinem Tod wirkte kurze Zeit Pfarrer Franz Barejska, danach ab 1. Oktober 1955 Vikar Nikolaus Hummel bis 1960, der ebenso wie Löw außerordentlich erfolgreich wirken konnte und bis heute unvergessen ist.

[1] so Dr. Carl Linder in „Wiener-Roth-Buch“ 1872 [2] Archiv der Diözese Gurk, Seminarakte Karton 62 [3] Schreiben der Ordinariatskanzlei Zl. 1879 [4] Festschrift 25 Jahre alt-kath. KG in Kärnten, S.6 Eventuelle Fußnoten: Die wichtigsten Schriften Pederzanis sind in der Wiener Nationalbibliothek zu finden.

Aus dem Originalprotokollbuch der Kirchengemeinde, bislang unveröffentlichtes Material, herausgegeben im Auftrag des Kirchenvorstands von Pfr. Erich Ickelsheimer. Transskription Josefine Floredo

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