Pederzani war – kurz gesagt – ein Kirchenkritiker
geworden und damit ein Gegner des 1855 geschlossenen
Konkordates mit Rom, das 1871 von Kaiser Franz Joseph
als Reaktion auf die Unfehlbarkeitserklärung des Papstes
einseitig aufgehoben worden war.
Doch noch sind wir nicht so weit. Bereits 1868 läßt
Pederzani eine Predigt, in der er zur Versöhnung der
„modernen“ Welt mit der römischen Kirche und dem Papsttum
aufruft, betitelt mit „Die Kirche der Zukunft“ im Druck erscheinen.
Bemerkenswert seine Vision von Kirche der Zukunft:
-) Kirche ohne Hierarchie und weltlichem Herrschaftsgebiet
-) kein „widernatürlicher Zölibat“ mehr
-) vom Kirchenvolk gewählte Geistliche
-) und eine Kirche, die vom Gebot der Liebe ausgeht und
niemanden mehr verketzert,der anderer Ansicht ist.
Im Jahre 1869 wurde das 1. Vatikanum nach Rom
einberufen – Theologen mit Stiftspropst Dr. Ignaz
von Döllinger (1799-1890) an der Spitze unterstützten
jene Bischöfe wissenschaftlich, die sich bemühten,
die Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit zu
verhindern. Das mißlang bekanntlich – am 18. Juli
1870 wurden die neuen Dogmen verkündet.
Die Bischöfe unterwarfen sich schließlich, die Theologen
mit Döllinger an der Spitze blieben zum Großteil im Widerstand
und verloren ihre kirchlichen Ämter und wurden aus der
römischen Kirche ausgeschlossen.
Döllinger schrieb im März 1871 seinem Erzbischof einen
offenen Brief, in dem er darlegte, warum er die neuen
Dogmen nicht annehmen könne.
Die Medien auch in Österreich beschäftigten sich mit
Döllinger – Pederzani ging in drei Predigten im März
1871 auf ihn ein und – was für uns Altkatholiken
bedeutsam ist: Er regte als erster in Österreich an,
Döllinger Unterstützungsschreiben zu schicken.
Das geschah am 9. April (Gründonnerstag) durch
einen „Aufruf“ abgedruckt in einigen Wiener Zeitungen,
den Pederzani mit den Worten „welch ein Geschenk für die Menschheit ist dieser Mann“
abschloß.
Nun wurde das erzbischöfliche Ordinariat, dem Pederzani seit langem
aufgefallen war, aktiv und sprach mit 12. März dessen Enthebung von
der Seelsorge aus.[3]
Der zum Widerruf aufgeforderte Pederzani trat am 16. März aus der
Kirche aus und wurde exkommuniziert.
Aufgrund seiner schriftstellerischen Tätigkeit, der er sich jetzt
ganz hingab, wurde er mit dem Wiener Gemeinderat und Schriftsteller
Dr. Carl Linder und dem ehem. Weltpriester Alois Anton, den Gründern
der Wiener altkath. Kirchengemeinde bekannt.
Als im Juli 1871 reformfreudige Männer zur Gründung eines
„Aktionskomitees“ zur Gründung einer eigenen Gemeinde zusammenfanden,
war auch Pederzani mit dabei.
Warum er sich der altkath. Bewegung formell nicht anschloß und auch
seine priesterlichen Dienste nicht anbot, kann heute nicht mehr
erhoben werden.
In der Folge hielt er Vorträge im Sinne der Kirchenreform, schrieb
Broschüren wie „Aus den Fesseln Roms“ (1872) oder anti-römische
Romane wie „Die Frauen“ (1872), „Die Opfer des Beichtstuhles“ (1872),
„In Acht und Bann“ (1874).
Im Jahre 1873 ging er von Wien weg zurück nach Kärnten, wo er
Hauslehrer der Kinder eines jüdischen Barones wurde, was ihm
einigen Spott ultramontaner Katholiken einbrachte.
Später dürfte er geheiratet haben, denn ab dem Jahre 1892
nannte er sich „Pederzani-Weber“ und schrieb historische
Romane wie „Erz- herzog Karl und seine Grenadiere“ (1892)
oder „Treu für Kaiser und Reich“ (1902).
Nachdem danach über seine Person nichts mehr aufscheint,
dürfte er um 1910 nicht mehr gelebt haben.
Auf jeden Fall gehört Pederzani an die Spitze der sich
konstituierenden altkath. Bewegung in Österreich und
kann als 1. Kärntner Altkatholik angesehen werden!
Zum Werden der altkath. Gemeinde in Kärnten
Der 1. März 1896 ist jenes Datum, das als Beginn altkath.
Lebens in Kärnten abgesehen werden kann. Warum?
Die altkath. Familie Mistelberger, bestehend aus 3 Personen
übersiedelt von Wien nach Klagenfurt. Ihr folgten weitere 2
Personen, Mutter und Sohn, am 25. Jänner 1900 Maria und Heinrich
Kappl. Am 1. Mai 1901 kam wieder eine altkath. Familie aus
Wien, bestehend aus 7 Personen – also 14 Personen insgesamt.
Das bemerkenswerte an ihnen war ihr Verwurzeltsein im altkath.
Glauben, dem sie auch weiterhin treu sein wollten. In einer Chronik heißt es:
„Von dieser Zeit an machte sich bereits die Notwendigkeit
fühlbar, daß etwas gemacht werden muß, um für alle Fälle
gerüstet zu sein, um nicht den Römlingen anheimfallen zu müssen.“[4]
Dies klingt vielleicht in Zeiten der „heutigen“ Ökumene
unpassend, unter den damaligen Verhältnissen war das eine
schmerzliche Feststellung im Zusammenhang mit der Sorge um das kirchliche
„Überleben“ in einer feindlich eingestellten Umwelt.
Zunächst fanden sie Unterschlupf in der evangelischen Gemeinde.
Als im Jahre 1902 Familie Kappl Zuwachs bekam, kam der altkath.
Vikar Josef Ferge von Graz, um das Kind zu taufen. Er war es auch,
der am 8. Dezember 1902 den ersten altkath. Gottesdienst in
Klagenfurt feierte, dem sich ein Vortrag im Hotel Grönner über
die altkath. Kirche anschloß. Hier wurde erstmals eine größere
Gruppe auf die altkath. Kirche aufmerksam. Zu dieser Zeit gab
es in Klagenfurt 20 Altkatholiken!
Doch aktive Altkatholiken, denn 1906 erfolgte die Gründung
einer Ortsgruppe des „Vereines der Altkatholiken Österreichs“,
zu dessen Vorstand Herr Kapusta gewählt wurde. Diese Ortsgruppe
konnte mit 3. November 1906 als „Verein der Altkatholiken Klagenfurts“
selbständig werden. Mit der Tätigkeit des Vereines begann ein
Aufschwung der kleinen Gemeinschaft, die ab 5. Feber 1908
seelsorgerlich von Vikar Max Eichinger betreut wurde – wenn
auch unregelmäßig.
1908 konnte ein Frauenverein gegründet werden- Obfrauen
waren die Damen Mistelberger und Schigg. Im Jahre
1909 wurde vereinbart, ab sofort monatlich einen
Gottesdienst zu feiern, wobei die Reisekosten für
den Geistlichen von den Klagenfurtern getragen wurden.
Als Geistliche fungierten 1911 Pfr. Robert Tüchler (Ried) 1912 Vikar Wenzel Susanka (Graz).
Am 28. Juli 1912 fand in Klagenfurt die erste Firmung statt,
gespendet durch Bistumsverweser Amandus Czech (+1922).
In den Jahren 1912-14 fungierten die Geistlichen Josef
Ferk und Vikar Maschek. Am 8. Dezember 1914 feierte
Pfarrer Longin Focke seinen ersten – und gleichzeitig
auf längere Sicht den letzten Gottesdienst in Klagenfurt,
denn durch den Krieg kam es zum Erliegen des altkath. Lebens in der Stadt.
Erst am 16. Oktober 1922 fanden sich wieder Altkatholiken
zusammen und konstituierten sich unter dem Vorsitzenden
Ignaz Karner. 1924 kam Vikar Hubert Löw, der spätere
erste Pfarrer nach Klagenfurt. Er vermochte es, die
Seelenzahl zu heben: 1926 bereits 370, 1934 bereits 650 Altkatholiken.
Die geregelte Seelsorge, der Mitgliederzuwachs und die
Entfernung von Graz ließen den Wunsch nach Konstituierung
als Filialgemeinde laut werden, was am 8. Mai 1927
im Beisein von Synodalrat Johann Joch geschah.
Das Kultusministerium stimmte am 15. September 1931
unter Zahl 42754a/1930 der Konstituierung einer eigenen
Kirchengemeinde Klagenfurt zu, was durch eine Gemeindeversammlung
am 13. Dezember 1931 kirchlicherseits möglich wurde.
Ignaz Karner wurde zum Vorsitzenden gewählt. Vikar
Löw wurde 1930 zum Kuraten, am 7. Juli 1932 zum Personalpfarrer bestellt.
Einen Einschnitt für die aufblühende Gemeinde stellte
der Anschluß des Jahres 1938 dar, als die Vereine aufgelöst,
das Vermögen eingezogen und der Religionsunterricht erschwert wurde.
Pfarrer Löw meisterte zusammen mit seiner
Gemeinde diese schweren Zeiten – was seine
Seelsorgsarbeit anging, war er zu Fuß oder
per Rad ständig unterwegs, den „geistlichen
Tornister“ auf dem Rücken tragend. Plötzlich
und unerwartet hat Gott ihn am 15. August 1955 zu sich gerufen.
Nach seinem Tod wirkte kurze Zeit Pfarrer Franz Barejska,
danach ab 1. Oktober 1955 Vikar Nikolaus Hummel
bis 1960, der ebenso wie Löw außerordentlich erfolgreich wirken konnte und bis heute unvergessen ist.
[1] so Dr. Carl Linder in „Wiener-Roth-Buch“ 1872
[2] Archiv der Diözese Gurk, Seminarakte Karton 62
[3] Schreiben der Ordinariatskanzlei Zl. 1879
[4] Festschrift 25 Jahre alt-kath. KG in Kärnten, S.6
Eventuelle Fußnoten: Die wichtigsten Schriften Pederzanis sind in der Wiener Nationalbibliothek zu finden.
Aus dem Originalprotokollbuch der Kirchengemeinde, bislang
unveröffentlichtes Material, herausgegeben im Auftrag
des Kirchenvorstands von Pfr. Erich Ickelsheimer. Transskription Josefine Floredo
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